Archiv des Autors: Henning Struve

Ehrung Barbara Fries-Müller, Rheinbach

Im Rahmen der Verbandsmeisterschaften im Gerätturnen, also inmitten „Ihrer“ Turnerinnen, für die sie sich ihr Leben lang eingesetzt hat, wurde Barbara Fries-Müller mit der Ehrennadel des Deutschen Turner Bundes geehrt. Gebannt verfolgten die kleinen und großen Turnerinnen vor ihrer Siegerehrung die Verleihungszeremonie. Frank Eichler, der Vizepräsident des Rheinischen Turnerbundes, zählte in seiner Laudatio verschiedene Stationen der ca. 50 Jahre andauernden ehrenamtlichen Tätigkeit von Barbara Fries-Müller auf.

Bereits in jungen Jahren engagierte sich die Kielerin in ihrem Verein für die Jugend. Sie beschritt den klassischen Weg ins Ehrenamt. Sie stellte sich ihrem Verein zunächst als Gruppenhelferin, später als Übungsleiterin zur Verfügung. Sie kampfrichterte national und international. Ihr soziales und organisatorisches Talent blieb nicht unentdeckt und so wurde sie bald schon zur Kinderturnwartin gewählt. Auch der Schleswig-Holsteiner Turnverband wurde auf sie aufmerksam. Als Oberturnwartin arbeitete Barbara Fries-Müller im Präsidium des Landesverbandes für das Turnen bis sie 1977 ins Rheinland übersiedelte. Seither ist die umtriebige Turnerin Mitglied im TV Rheinbach. Ihre umfangreiche Erfahrung stellte sie hier dem Turnverband Rhein-Sieg, Bonn auf regionaler Ebene und dem Rheinischen Turnerbund auf Landesebene zur Verfügung. Im Turnverband Rhein-Sieg, Bonn bekleidete sie erfolgreich in Folge das Amt der Jugendwartin, der stellvertretenden Kunstturnwartin und der stellvertretenden Vorsitzenden.

Trotz der vielen Ehrenämter zeichnete es Barbara Fries-Müller aus, dass sie ununterbrochen die Arbeit an der Basis, in der Turnhalle, aufrechterhielt. Ihre Turnerinnen errangen im Gerätturnen und bei den Deutschen Mehrkämpfen so manchen Sieg und gute Platzierungen sowohl auf Verband- wie auf Landes- und Bundesebene. Mit ihren Schulmannschaften erreichte sie sogar mehrfach das Bundesfinale „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin.
Viele, die Turnerinnen, die durch ihre Hände gegangen sind, die Wegbegleiter und Mitstreiter im Ehrenamt, der Turnverband Rhein-Sieg, Bonn, der Rheinische Turnerbund und der Deutsche Turner Bund sagen Barbara Fries-Müller durch die Auszeichnung mit der Ehrennadel des Deutschen Turner Bundes herzlichen Dank für die mit hervorragender Persönlichkeit geleistete Arbeit im Ehrenamt.

Frank Eichler, stellv. Vorsitzender Leistungs- und Spitzensport

Dr. Volker Ludwig, „Vorturner“ des Turnverbandes Rhein-Sieg, Bonn

Der stellvertretende Vorsitzende des Turnverbandes zeigt es allen Mitglieder: Reden ist Silber, Turnen ist Gold. Bei den Senioren-Meisterschaften im Gerätturnen, am 16. April 2005 in Köln, qualifizierte sich der 39-jährige souverän für die deutschen Titelkämpfe, die im Rahmen des Internationalen Deutschen Turnfestes im Mai in Berlin ausgetragen werden. Dabei fühlte sich der Sieger wegen starker Arbeitsbelastung eigentlich gar nicht gut vorbereitet. Was ist da zu erwarten, wenn er in Berlin gut trainiert durchstartet? Boden: 8,10 Pauschenpferd: 7,30 Sprung: 8,40 Barren: 7,90 Reck: 7,60 Gesamt: 41,85 Punkte

Am Vorbild orientiert hat sich anscheinend Simon Brühl vom TV 1908 Neunkirchen. „Nur“ zur Vorbereitung auf die Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften nahm der 15-jährige am Landesfinale der B-Stufe teil, wo Kürübungen mit Pflichtelementen geturnt werden und wurde auf Anhieb Landessieger. Dabei zeigte Simon an verschiedenen Geräten neu erlernte Übungsteile. So am Barren den Schweizer Handstand, am Reck die Kammriesenfelge und am Sprung den Handstütz-Überschlag mit 1/1 Längsachsendrehung. Boden: 8,80 Pauschenpferd: 6,00 Ringe: 8,30 Sprung: 8,25 Barren: 8,45 Reck: 7,75 Gesamt: 47,55 Punkte

In der Altersklasse 19 Jahre und älter, B-10, lieferte sich Thomas Linser vom Bonner TV einen engen Wettkampf mit Stefan Kloock vom Turn-Team Toyota Köln. Zwei der sechs Geräte konnte Thomas für sich entscheiden. Den Barren sogar mit 1,50 Punkten sogar deutlich. Die Summe der vier verlorenen Geräte, war letztlich doch so groß, dass,der Vorsprung vom Barren sich in einen Rückstand wandelte. Trotzdem ist und bleibt der 2. Platz ein schöner Erfolg. Boden: 7,60 Pauschenpferd: 5,95 Ringe: 8,95 Sprung: 7,30 Barren: 7,80 Reck: 5,70 Gesamt: 43,30 Punkte

Der „Turngau“ hat in Bonn ausgedient

Umbenennung in Verband – Geschichtliche Belastung – „Einer musste den Anfang machen“
von Hansjürgen Melzer

Bonn. Die Bonner Turner gehen neue Wege. Seit wenigen Tagen sind die 39.500 Mitglieder aus 111 Vereinen in Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und Teilen des Kreises Euskirchen nicht mehr in einem Gau, sondern in einem Verband organisiert. Die Umbenennung in Turnverband Rhein-Sieg, Bonn e.V. wurde von der Mitgliederversammlung in Troisdorf zusammen mit einer neuen Satzung einstimmig verabschiedet.
„Der Begriff Gau ist durch den Nationalsozialismus geschichtlich belastet“, begründete der Kreisvorsitzende Egbert Friedel die Initiative, die im Rheinischen Turnerbund (RTB) bisher einmalig ist. Neben den Bonnern, dem zweitgrößten Kreis hinter Köln, gibt es dort 18 Gaue. „Irgendeiner musste ja den Anfang machen“; meinte Friedel. „Vielleicht haben es viele andere nur noch nicht laut ausgesprochen.“
Die Überlegungen sind zwar nicht neu, den letzten Anstoß gaben aber Erfahrungen mit Anwohnern der neuen Geschäftsstelle in der Bad Godesberger Karl-Finkelnburg-Straße. Gnädige Passanten quittierten das Türschild „Turngau“ noch mit einem Kopfschütteln, andere schimpften über die „ewig gestrigen“, wieder andere klingelten bei der Geschäftsführerin Annette Vogel und machten ihrem Unmut Luft. „Diese Reaktionen haben uns in unserer Vorstellung bestätigt“, sagt Friedel. Als der Umbenennungsvorschlag dann auch noch bei den älteren Mitgliedern im Kreis Zuspruch fand, sahen sich Friedel und seine Vorstandskollegen endgültig auf dem richtigen Weg. „In anderen Sportarten gibt es ja auch Kreise“, kommentierte Kreispressewartin Christa Pleiß (Troisdorf). Ruth Theisen, Frauenwartin im Kreis und 2. Vorsitzende im Godesberger TV, hofft, dass „weitere Verbände nachziehen werden“, muss aber zugeben, „Dass sie sich nur schwer an den neuen Namen gewöhnen kann.
Beim Deutschen Turnerbund (DTB) und beim Rheinischen Turnerbund (RTB) überraschte die Kunde aus Bonn. „Wenn sich die Initiative nicht in der Umtaufung erschöpft, sondern auch in praktische Arbeit umgesetzt wird, könnte man den Namen als Symbol verstehen“, bemühte sich DTB-Vorstandsmitglied Hanna Stobbe (Mannheim) um eine positive Sichtweise. Nicht ohne einzuschränken, dass der Begriff „Gau“ uralt sei. „Der stammt ja fast schon vom Affenmenschen aus der Steinzeithöhle.“ Auch im deutschen Turnen sei die Bezeichnung seit Mitte des letzten Jahrhunderts fest verankert. Ausnahmen sind zum Beispiel Niedersachsen und Westfalen, wo es traditionell Turnkreise gibt. Stobbe vermutet, dass die Ursache der Bonner Initiative möglicherweise noch tiefer liegen. „Der rheinische Mensch ist vielleicht besonders empfindlich. Man sollte solche regionalen Besonderheiten akzeptieren.“
Für Heinz Poick, den Geschäftsführer des Rheinischen Turnerbundes, ist die Umbenennung „ungewöhnlich“. positiv bewertet er , dass „sich die Bonner in Zeiten wachsender Konkurrenz durch andere Sportarten in ihrer Namensgebung vorhandenen Organisationen wie den Stadtsportbünden oder -verbänden anschließen.“ Eine geschichtliche Belastung der Bezeichnung „Gau“ sieht er allerdings nicht. „Das ist absoluter Unsinn.“
Deutschlands berühmtester Turner, der frühere Reck-Weltmeister Eberhard Gienger (Tübingen), ist da ähnlicher Meinung. „ich finde die Bezeichnung Gau nicht schlimm. Es kommt doch wohl mehr auf das Verhalten als auf den Namen an.“

erschienen im Generalzeiger vom 26.7.1995